Zur Abschiebung in Deutschland lebender Straftäter aus Mitgliedsstaaten der EU
Wer als in Deutschland lebender EU-Bürger besonders schwere Straftaten begeht, kann unter Umständen in sein Herkunftsland abgeschoben werden.
Dies gilt selbst dann, wenn der Betroffene seit mehr als zehn Jahren in Deutschland lebt, wie es bei dem seit 1987 in Deutschland wohnenden Italiener der Fall war. Dieser war im Jahr 2006 wegen diverser Sexualdelikte an einem anfangs acht Jahre alten Mädchen zu mehr als sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Insgesamt erstreckten sich die Taten über 11 Jahre. Die zuständige deutsche Behörde ordnete deshalb seine Abschiebung nach Italien an, wogegen sich der Verurteilte zur Wehr setzte. Erfolglos, wie der Europäische Gerichtshof entschied.
Liegt dem Verhalten des Täters eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft bzw. des Mitgliedstaates zugrunde und ist auch in Zukunft mit einem ähnlich gelagerten Verhalten zu rechnen, so steht eine Rückführung in sein Heimatland im Einklang mit dem europäischen Recht. Zu Berücksichtigen sind dabei die Dauer des Aufenthalts, seine soziale und wirtschaftliche Lage, sein Gesundheitszustand, das Maß seiner Integration und seine Bindung an das Herkunftsland. Entscheidend ist auch, dass es sich bei den begangenen Taten um solche der besonders schweren Kriminalität in einer grenzübergreifenden Dimension handelt, wozu die europäischen Gesetze auch die sexuelle Ausbeutung von Kindern zählen.
Ob der Kläger nach Italien zurückkehren muss ist nun vor dem Hintergrund der oben benannten Kriterien durch die deutsche Gerichtsbarkeit zu klären.
Europäischer Gerichtshof, Urteil EUGH C 348 09 vom 22.05.2012
Normen: Art. 83 AEUV, Art. 28 III der Richtlinie 2004/38/EG