Vor Gericht darf gedealt werden
Das Bundesverfassungsgericht hat Absprachen zur Verständigung im Strafprozess für verfassungskonform erklärt, kritisierte jedoch massiv den Umgang mit dem entsprechenden Gesetz in der gerichtlichen Praxis.
Vorab: Seit Jahrzehnten gängige Praxis, existiert seit 2009 ein Gesetz welches den formellen Rahmen und die Voraussetzungen für sogenannte Deals im Strafverfahren definiert. Bei solchen Absprachen einigen sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung über einen gewissen Strafrahmen, den der Angeklagte für ein Geständnis erhält. So sollen die Aufklärung des Sachverhalts erleichtert und ein langwieriges Verfahren vermieden werden.
Das höchste deutsche Gericht teilte mit, dass solche Absprachen "derzeit noch" im Einklang mit dem Grundgesetz stehen, da das Rechtsstaatsprinzip nicht verletzt wird. Denn auch bei einer solchen Absprache ist das Gericht zu einer wahrheitsgemäßen Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet.
Mit der Wortwahl "derzeit noch" übte das Gericht jedoch massive Kritik an der praktischen Umsetzung des Gesetzes durch die deutschen Strafgerichte. Diese würden das Gesetz in "erheblichem Maße" missachten, so dass die gerichtliche Anwendung in der Praxis nicht selten als "zum Handel mit der Gerechtigkeit" verkommen würde.
Insbesondere wies das Gericht darauf hin, dass informelle Absprachen als illegal zu werten sind, womit die umgangssprachlich als "Kantinenabsprachen" bezeichneten außergerichtlichen Verständigungen zwischen den Verfahrensbeteiligten gemeint sein dürften.
Dem Bundesverfassungsgericht zufolge müssen die Geständnisse in der Zukunft so konkret sein, dass die zwingend erforderliche Überprüfung ihres Wahrheitsgehaltes möglich ist. Auch müssen die Details der Deals ausführlich in der öffentlichen Verhandlung erörtert werden. So etwa, wer den Vorschlag gemacht hat und welche Argumente diskutiert wurden. Ferner muss ein erfolgter Deal in das Protokoll aufgenommen werden, da ansonsten eine Bestrafung wegen falscher Beurkundung droht.
Bundesverfassungsgericht, Urteil BVerfG 2 BvR 2628 10 vom 19.03.2013
Normen: § 257c StPO