Schwere Körperverletzung auch bei mangelnder Nachsorge des Opfers und Vergrößerung des Schadens
Bei der Frage, ob der Verlust der Gebrauchsfähigkeit eines Körperglieds als dauerhaft anzusehen ist, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das Opfer eine ihm mögliche medizinische Behandlung nicht wahrgenommen hat.
In dem entschiedenen Fall, erlitt der Kläger aufgrund mehrerer Messerhiebe Schnittverletzungen an seiner linken Hand mit Durchtrennungen aller Beugesehnen von vier Fingern, einschließlich der Nerven. Er musste sich einer Notoperation unterziehen. Wegen der erlittenen Verletzungen ist ihm ein Faustschluss der linken Hand unmöglich geworden, ebenso ein vollständiges Strecken der betroffenen Finger. Bei Kälte sowie bei schnellen Greifbewegungen und beim Tragen von schwereren Lasten leidet er unter stromstoßartigen Schmerzen des linken Arms. Die linke Hand ist weitgehend gebrauchsunfähig geworden. Eine wesentliche Besserung war nicht mehr zu erwarten. Allerdings waren die neurologischen Einschränkungen der Finger und die Bewegungseinschränkungen auch dadurch bedingt, dass das Opfer auf die erforderliche Nachsorge seiner Verletzungen verzichtete. Handchirurgische Konsultationen, die nach Auffassung des Erstoperateurs erfolgen sollten, hat er ebenso wenig durchführen lassen, wie die angeratene Physiotherapie. Bei „ordentlicher Physiotherapie und Revision“ wäre die Einschränkung der Bewegungsmöglichkeit deutlich geringer gewesen.
Der BGH entschied, dass ein aus ärztlicher Sicht unvernünftiges Verhalten eines Geschädigten nach gravierender Verletzung nicht außerhalb jeder Erfahrung liegt. Die Körperverletzung muss nicht die ausschließliche Ursache des nicht wiedergutzumachenden Schadens sein.
Bundesgerichtshof, Urteil BGH 5 StR 483 16 vom 07.02.2017
Normen: StGB §§ 224, 226