Unwissenheit schützt vor Strafe nicht
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Soll der Täter aufgrund des Verstoßes gegen ein Schutzgesetz, welches zugleich Strafgesetz ist, Schadensersatz leisten, so muss er schuldhaft gegen das Schutzgesetz verstoßen haben, mithin beurteilt sich der Vorsatz dann nach strafrechtlichen Maßstäben. Dies gilt auch, falls das verletzte Schutzgesetz selbst keine Strafnorm ist, seine Missachtung aber unter Strafe gestellt wird.
Befindet sich der Täter in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum, fehlt ihm mithin bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so schließt dies auch eine Haftung nach Delikt aus.
Ein Verbotsirrtum liegt vor, wenn der Täter nicht weiß, dass eine Handlung unter Strafe gestellt ist und er davon ausgeht, sein handeln sein erlaubt.
Bei einer anwaltlichen Beratung darf der Betroffene nicht auf eine anwaltliche Auskunft vertrauen, wenn die Unerlaubtheit seines Tuns für ihn bei nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar war. Eher zur Absicherung als zur Klärung bestellte "Gefälligkeitsgutachten" scheiden als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus.
Ein Täter hat bereits dann eine den Verbotsirrtum ausschließende, ausreichende Unrechtseinsicht, wenn er bei Begehung der Tat mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt. Es genügt mithin das Bewusstsein, die Handlung verstoße gegen irgendwelche, wenn auch im Einzelnen nicht klar vorgestellte gesetzliche Bestimmungen.
Bundesgerichtshof, Urteil BGH VI ZR 266 16 vom 16.05.2017
Normen: BGB § 823 Abs. 2; KWG § 1 Abs. 1, § 32 Abs. 1, § 54 Abs. 1; StGB § 17 Satz 1