BVerfG zur Verwertbarkeit einer autobiografischen Textdatei

Die Verfassungsbeschwerde eines im Maßregelvollzug untergebrachten Patienten hatte Erfolg.

Im vorliegenden Fall hatte das Bundesverfassungsgericht darüber zu entscheiden, ob der wegen Mordes in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt wurde. Den Patienten der geschlossenen Stationen wird jeden Tag jeweils eine Stunde lang ein Computer zur Verfügung gestellt, auf dem der Beschwerdeführer eine autobiografische Datei erstellte, in der er sich mit seinen Taten beschäftigte. Als das Klinikpersonal die Datei entdeckte, ließ der Chefarzt diese ausdrucken und einen Ausdruck zur Krankenakte nehmen. Außerdem sollte ein externer Sachverständiger den Beschwerdeführer anhand der Datei begutachten. Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin die Entfernung des Ausdrucks aus seiner Krankenakte und die Vernichtung aller Exemplare der Datei.

Während das Landgericht Lübeck dem Beschwerdeführer Recht gab, wies das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht den Antrag zurück. Gegen dieses Urteil wendete sich der Beschwerdeführer mit seiner Verfasssungsbeschwerde.

Das Bundesverfassungsgericht kam zu der Entscheidung, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Zwar war das Auslesen der Datei durch das Klinikpersonal gerechtfertigt, da ihm zugestanden werden muss, die Dateien auf mögliche Fluchtpläne zu überprüfen. Allerdings fehlte in der Entscheidungsbegründung des Oberlandesgerichts eine einzelfallbezogene Abwägung der grundrechtlich geschützten Interessen des Betroffenen mit konkreten und hinreichend bedeutenden Allgemeinwohlinteressen. Das Bundesverfassungsgericht hob die angegriffene Entscheidung daher auf und verwies sie zurück an das Oberlandesgericht.
 
BVerfG, Urteil BVerfG 2 BvR 883 17 vom 18.04.2018
Normen: Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG; § 11 Abs. 3 LDSG-SH; § 13 Abs. 3 Nr. 2 LDSG-SH
[bns]
 
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