Wann liegen niedrige Beweggründe vor?

Eigene Interessen am Tod eines Menschen allein rechtfertigen nicht die Annahme von niedrigen Beweggründen.

Das Landgericht Ravensburg verurteilte eine junge Frau wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen an ihrem Neugeborenen. Die Angeklagte hatte ihr Kind auf der nächtlichen Rückfahrt von einem Urlaub mit Papiertüchern erstickt, nachdem sie die ungewollte Schwangerschaft bis zuletzt geheim gehalten hatte. Schon während der Schwangerschaft beschäftigte sie sich gedanklich damit, ihr Kind, das sie als reinen Störfaktor betrachtete, verschwinden zu lassen bzw. zu töten.

Der Bundesgerichtshof hob mit diesen Urteil die vorinstanzliche Entscheidung mit Ausnahme der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen auf. Die Richter rügten das Fehlen einer ausdrücklichen Erörterung der Frage, ob der Angeklagten die Umstände, die zu der Niedrigkeit ihrer Beweggründe geführt haben sollen, zum Tatzeitpunkt in ihrer Bedeutung für die Ausführung der Tat auch bewusst waren. Die Tatsache, dass die Angeklagte bei der Tötung ihres Kindes eigene Interessen verfolgt hatte, rechtfertigt für sich genommen jedenfalls noch nicht die Annahme von niedrigen Beweggründen. Vielmehr stellt die Verfolgung eigener Interessen bei der vorsätzlichen Tötung eines anderen Menschen den Regelfall dar. Der Bundesgerichtshof wies die Sache an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurück.
 
BGH, Urteil BGH 1 StR 196 18 vom 01.08.2018
Normen: § 211 Abs. 2 StGB
[bns]
 
schließen ×

Kontakt

Rechtsanwälte Schild & Collegen

 Maelostraße 2
 45894 Gelsenkirchen

 0209 386110
 0209 3861122

 info@schild-collegen.de


Kontaktformular