BVerfG zur körperlichen Durchsuchung eines Strafgefangenen nach einem Besuch

Eine abstrakte Gefahr reicht aus.

Im vorliegenden Fall wurde ein Strafgefangener in Straubing nach zwei Familienbesuchen körperlich durchsucht, wobei auch seine ansonsten verdeckten Körperöffnungen inspiziert wurden. Dies geschah aufgrund einer auf Art. 91 Abs. 3 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG) gestützte und als ?Genehmigung? bezeichnete allgemeine Anordnung des Anstaltsleiters, wonach ?an jedem 5. Gefangenen und Sicherungsverwahrten nach der Vorführung (Art. 91 BayStVollzG) zum Besuch, Rechtsanwalt, Notar, Polizei u. a. eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen sei, soweit nicht die Gefahr des Missbrauchs des Besuchs fern liegt.?

Der Strafgefangene richtete sich mit einem auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchungen gerichteten Antrag an das Landgericht Regensburg und bekam Recht. Das Oberlandsgericht Nürnberg hob die vorinstanzliche Entscheidung jedoch wieder auf und wies den Feststellungsantrag als unbegründet zurück, da entgegen der Meinung des betroffenen Strafgefangenen für die Zulässigkeit einer solchen Durchsuchung keine konkreten Anhaltspunkte für einen Missbrauch vorliegen müssen, sondern eine abstrakte Gefahr ausreichend sei. Der Beschwerdeführer legte daraufhin Verfassungsbeschwerde betreffend der Zulässigkeit der erfolgten Durchsuchungen ein, die seiner Auffassung nach in nicht gerechtfertigter Weise in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen hätten.

Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nach der Auffassung des Oberlandesgerichts keine über den Wortlaut des Art. 91 Abs. 3 BayStVollzG hinausgehenden konkreten Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Besuchs vorliegen müssen, sondern die abstrakte Gefahr - beispielsweise des Einbringens unerlaubter Gegenstände - im Regelfall genüge.
 
BVerfG, Urteil BVerfG 2 BvR 2294 18 vom 27.03.2019
Normen: Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 91 Abs. 3 BayStVollzG
[bns]
 
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