BGH zur Haftunfähigkeit wegen schwerwiegender psychiatrischer Erkrankung

In einer Folgenabwägung müssen eine Verletzung des Verurteilten in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit der Person berücksichtigt werden.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sei es denkbar, dass die Versagung eines Aufschubs der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe den Verurteilten in Grundrechten verletzt, wenn ein amtsärztliches Gutachten, das von der Staatsanwalt angefordert wurde, aussagt, dass der Verurteilte aufgrund einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung nicht haftfähig sei, aber der Anstaltsarzt den Verurteilten ohne vorherige persönliche Untersuchung als vorläufig haftfähig einordnet. In Betracht kommt eine Verletzung des Verurteilten in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit der Person. Es müssen in derartigen Fällen daher die jeweiligen Folgen der einstweiligen Anordnung bzw. Untersagung eines Vollstreckungsaufschubs abgewogen werden.
 
BVerfG, Urteil BVerfG 2 BvR 2061 vom 10.12.2019
Normen: Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; ; § 32 Abs. 1 BVerfGG; § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfG; § 455 Abs. 1 StPO
[bns]
 
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