Spontane Äußerungen an der Unfallstelle sind zurückhaltend zu beurteilen

Nach einem Verkehrsunfall getätigte spontane Äußerungen an der Unfallstelle sind grundsätzlich zurückhaltend zu beurteilen.

Dabei kann in der Regel in spontanen Äußerungen an der Unfallstelle kein konstitutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis gesehen werden.

Allerdings können Erklärungen der Unfallbeteiligten am Unfallort auf prozessualer Ebene zu einer Umkehr der Beweislast führen. Dabei muss der die Erklärung abgebenden Partei jedoch die rechtliche Tragweite ihrer Erklärung bewusst oder zumindest erkennbar sein. Ein Bewusstsein hinsichtlich der Tragweite einer Erklärung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Aussage einer Partei in schriftlicher Form abgegeben wird. Dann muss der Erklärende damit rechnen, dass seine Aussage zu Beweiszwecken gebraucht werden kann. Dies gilt auch insbesondere dann, wenn der Erklärungsempfänger von weiteren Beweissicherungsmaßnahmen an der Unfallstelle infolge der Erklärung des Anderen absieht.

Weigert sich dagegen, wie in dem zugrundeliegenden Fall, die erklärende Partei spontane Äußerungen hinsichtlich des Unfallgeschehens schriftlich festzuhalten, so kann in einem eventuell später geführten Prozess keine Umkehr der Beweislast angenommen werden. Dies schließt jedoch nicht aus, dass spontane Äußerungen im Rahmen der Beweiswürdigung als gewichtiges Beweisanzeichen für die Richtigkeit des Beklagtenvortrags herangezogen werden können.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall hängt im Verhältnis der beteiligten Fahrzeughalter davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Dabei muss sich jede Partei die Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeugs anrechnen lassen.
Jedoch kann im Einzelfall die Betriebsgefahr eines Beteiligten vollständig zurücktreten, wenn ein schwerwiegender Verkehrsverstoß eines Beteiligten nachgewiesen wird. Ein schwerwiegender Verkehrsverstoß wurde vom Gericht im Fall angenommen, weil sich der Unfall ereignete, als eine Partei vom Fahrbahnrand anfahren wollte. Demnach hat sich der vom Fahrbahnrand Anfahrende so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, wobei die Beachtung der strengsten Sorgfalt notwendig ist und die Betriebsgefahr des sich im fließenden Verkehr bewegenden Fahrzeugs regelmäßig vollständig zurücktritt.
 
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil OLG Saarbruecken 4 U 370 10 vom 01.03.2011
Normen: BGB § 781; ZPO § 286; StVG §§ 17 I, 7; StVO § 10; VVG § 115 I
[bns]
 
schließen ×

Kontakt

Rechtsanwälte Schild & Collegen

 Maelostraße 2
 45894 Gelsenkirchen

 0209 386110
 0209 3861122

 info@schild-collegen.de


Kontaktformular