BSG zu Arztbesuchen vor Arbeitsbeginn

Es kommt darauf an, wie lange sich der Versicherte an dem "dritten Ort" aufgehalten hat.

Der Kläger fuhr mit seinem Fahrrad zur Praxis seines Hausarztes, wo er sich höchstens 40 Minuten lang aufhielt. Er hatte mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass er nach seinem Arzttermin direkt zu seiner Arbeitsstelle fahren wird. Auf dem Rückweg kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem der Kläger verletzt wurde. Nach der Meinung des als Lagerarbeiter beschäftigten Klägers handelte es sich dabei um einen Arbeitsunfall. Die zuständige Berufsgenossenschaft sah dies anders und lehnte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ab. Als Begründung führte die Beklagte an, dass sich der Kläger auf einem unversicherten Abweg befunden habe. Widerspruch, Klage sowie Berufung des Lagerarbeiters blieben ohne Erfolg. Daraufhin legte der Kläger Revision ein.

Die Revision des Klägers wurde als unbegründet zurückgewiesen. Der Lagerarbeiter habe seinen Arzt eigenwirtschaftlich aufgesucht. Eine dahingehende Handlungstendenz, dass der Versicherte seine Arbeitsstelle wieder aufsuchen möchte, sei nur dann maßgeblich, wenn es sich bei der Arztpraxis um einen "dritten Ort" im Sinne der Rechtsprechung gehandelt hätte. Dafür hätte der Aufenthalt allerdings mindestens zwei Stunden dauern müssen. In diesem Fall betrug die Aufenthaltsdauer aber nicht mehr als 40 Minuten. Im Unfallzeitpunkt war der Kläger deshalb nicht von seiner gesetzlichen Unfallversicherung geschützt.
 
Bundessozialgericht, Urteil BSG B 2 U 16 14 R vom 05.07.2016
Normen: §§ 2, 6, 8 SGB VI
[bns]
 
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